Die Nazarener – Friedrich Heinrich Füger und der Lukasbund
Im Jahr 1774 traf der junge Künstler Friedrich Heinrich Füger (* 8. Dezember 1751 in Heilbronn; † 5. November 1818 in Wien) in Wien ein. Das Bestreben der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt, nicht durch die Vergabe von Aufträgen, sondern durch eine bestmögliche Ausbildung Wien zum wichtigsten Kunstzentrum Europas aufsteigen zu lassen, hatte Füger nach seiner Ausbildung zum Maler in Ludwigsburg und Leipzig an die Akademie der bildenden Künste in Wien geführt. Ein kostenloses Studium sowie die Befreiung vom Militärdienst bei positiven Semesterzeugnissen mögen zusätzlich ausschlaggebend gewesen sein.
Mit der zweiten, 1776 entsandten Gruppe von Absolventen der Akademie kam auch Füger nach Rom. Durch seine gewinnende Persönlichkeit und seine guten Umgangsformen war es ihm als Nichtösterreicher gelungen, den Staatskanzler Wenzel Fürst Kaunitz-Rietberg zu einem Romstipendium zu überzeugen. Seine Rückkehr aus Italien gestaltete sich etwas schwierig.
Nach einem 6-jährigen Aufenthalt in Italien erreichte Füger der Ruf zur Rückkehr im April 1782 in Neapel. Der Künstler hatte sich im Süden gut eingelebt – er war seit zwei Jahren mit der künstlerischen Ausgestaltung der Bibliothek im königlichen Palast von Caserta beschäftigt – und wollte zunächst partout nicht nach Wien zurückkehren, was übrigens ein bei vielen Romstipendiaten auftretendes Phänomen und Problem war. Seine vorgebrachten Argumente verzögerten die Rückreise immerhin um mehr als ein Jahr. Schließlich kehrte er Ende 1783 doch nach Wien zurück und übernahm dort die Leitung der Klasse für Historienmalerei (1). Er stand zunächst als Vizedirektor, und nach dem Tod Caspar Franz Sambachs ab 1795 der Akademie der bildenden Künste als deren Direktor vor.
In der von Füger geprägten Akademie erfolgte 1808 die Gründung des Lukasbundes, aus dem die Nazarener hervorgingen.
Die Wiener Akademie besaß zwar unter Füger einen ausgezeichneten Ruf in Europa, doch war sein strenger Lehrplan, in dem künstlerische Fertigkeit vor künstlerischem Ausdruck ging, Anlass genug, dass sich um Friedrich Overbeck und Franz Pforr weitere Maler wie Joseph Sutter, Joseph Wintergerst, Johann Konrad Hottinger und Ludwig Vogel fanden, die sich inhaltlich rasch von den von der Akademie vorgegebenen Themen entfernten. 1810 verließen sie gemeinsam Wien, um sich in Rom zunächst im leer stehenden Franziskanerkloster Sant’ Isidoro nieder zu lassen.
Diese erste „Session“ von Künstlern, die sich nach dem Schutzpatron der Maler, dem Evangelisten Lukas, Lukasbrüder nannte, strebte nach einer Neubelebung der Kunst mit romantisch-religiösen Motiven nach ihren Vorbildern Raffael und Dürer.
Die Bestätigung ihrer Kunsttheorie fand sie in den Schriften der Romantiker Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck.
Aus der Sicht Schlegels war es die ursprüngliche Bestimmung der Kunst,
die Religion zu verherrlichen und die Geheimnisse derselben noch schöner und deutlicher zu machen. Neben den biblischen Themen waren aus seiner Sicht nur die Stoffe von Dichtern wie Shakespeare und Dante als Bildinhalt geeignet.
In Rom war bereits im 17. Jahrhundert die Bezeichnung „alla nazarena“ für langes, in der Mitte gescheiteltes Haar üblich geworden. Von Johann Christian Reinhart soll dieser Spottname dann auf die Künstler der Lukasbruderschaft, die selbst diese Bezeichnung nicht führten, aufgrund ihrer langen Haartracht übertragen worden sein. Josef Anton Koch nannte sie scherzhaft seine „Lukas-Vögel“.
Goethe verwendete diesen Begriff bereits im Schriftverkehr an den Schweizer Maler und Kunstschriftsteller Heinrich Meyer, der Bildhauer und Kunstagent Ludwig I. von Bayern Joseph Martin Wagner bezeichnete sie außerdem als „langhaarige Altkatholiken“. Der stilkundliche Begriff „Nazarener“ wurde vermutlich erst im Nachhinein geprägt.
Im deutschsprachigen Raum konnte sich die nazarenische Kunst erst um 1830 durchsetzen, als dort ein romantischer Nationalismus als politische Einstellung Fuß fasste. Bereits ab dem Revolutionsjahr 1848 wurde durch eine antirömisch-katholische Geisteshaltung die Kunst der Nazarener wieder aus dem öffentlichen Raum verdrängt.Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu einer Neubewertung dieser allegorisch-versüßlichenden Stilrichtung und zu einer Würdigung in mehreren Ausstellungen.
Josef Anton Koch in die Liste von etwa vierzig Nazarenischen Künstlern aufzunehmen, muss in Frage gestellt werden. Koch pflegte als einer der wenigen Deutschrömer einen freundschaftlichen Umgang mit den Nazarenern, es fand auch ein gegenseitiger künstlerischer Gedankenaustausch zwischen dem von einer idealen Landschaft inspirierten Künstler und der religiösen Bildgestaltung der Nazarener statt, doch blieb Koch stets seiner, ihm eigenen Bildkomposition verbunden.
Liste Nazarenischer Künstler – Die Nazarener:
Carl Joseph Begas
eigentlich Begasse (* 30. September 1794 in Heinsberg, † 24. November 1854 in Berlin), Maler.
Franz Ludwig Catel
(* 22. Februar 1778 in Berlin; † 19. Dezember 1856 in Rom), Holzbildbauer und Maler.
Peter von Cornelius
(* 23. September 1783 in Düsseldorf; † 6. März 1867 in Berlin).
Ernst Deger
(* 15. April 1809 in Bockenem bei Hildesheim; † 27. Januar 1885 in Düsseldorf), Maler.
Konrad Eberhard
(* 25. November 1768 in Hindelang; † 12. März 1859 in München), Bildhauer und Maler.
Marie Ellenrieder
(* 20. März 1791 in Konstanz; † 5. Juni 1863 in Konstanz), Malerin. Sie wurde 1813 als erste Frau zum Studium an der Kunstakademie zu München zugelassen.
Johann Jakob Fink
Joseph Anton Fischer
Gebhard Flatz
Carl Philipp Fohr
(*26. November 1795 in Heidelberg; † 29. Juni 1818 in Rom), Maler.
Joseph Führich
(* 9. Februar 1800 in Kratzau in Böhmen; † 13. März 1876 in Wien), österreichischer Maler.
Heinrich Maria Heß
Konrad Hottinger
Franz Ittenbach
(*18. April 1813 in Königswinter; † 1. Dezember 1879 in Düsseldorf), Maler.
Johannes Kaspar
(1822-1885), aus Obergünzburg.
Wilhelm von Kaulbach
(* 15. Oktober 1804 in Arolsen; † 7. April 1874 in München), Maler.
Joseph Anton Koch
(* 27. Juli 1768 in Obergiblen bei Elbigenalp im Lechtal, Tirol; † 12. Januar 1839 in Rom).
Leopold Kupelwieser
(* 17. Oktober 1796 in Markt Piesting; † 17. November 1862 in Wien), österreichischer Maler.
Andreas Müller
(1811-1890), aus Ahrweiler.
Karl Müller
(1818-1893), aus Ahrweiler.
Ferdinand Olivier,
gen. der Jüngere (* 1. April 1785 in Dessau; † 11. Februar 1841 in München), Maler und Grafiker.
Friedrich Olivier
(* 23. April 1791 in Dessau; † 5. September 1859 in Dessau), Maler.
Johann Friedrich Overbeck
(* 3. Juli 1789 in Lübeck, † 12. November 1869 in Rom), Maler, Zeichner und Illustrator.
Johann David Passavant
(* 1787 in Frankfurt am Main † 1861 in Frankfurt am Main), Kunsthistoriker.
Franz Pforr
(*5. April 1788 in Frankfurt am Main; † 16. Juni 1812 in Albano Laziale bei Rom), Maler. ·
Johann Anton Ramboux
(* 5. Oktober 1790 in Trier; † 2. Oktober 1866 in Köln), Maler und Lithograph.
Theodor Rehbenitz
(* 2. September 1791 in Borstel (Holstein); † 19. Februar 1861 in Kiel), Maler und Zeichner.
Wilhelm von Schadow
(*6. September 1788 in Berlin; † 19. März 1862 in Düsseldorf), Maler.
Johann Scheffer von Leonhartshof
(* 1795 in Wien; † 1822 ebda.), österreichischer Maler.
Julius Schnorr von Carolsfeld
(*26. März 1794 in Leipzig, † 24. Mai 1872 in Dresden), Maler.
Ludwig Schnorr von Carolsfeld
(* 11. Oktober 1788 in Königsberg; † 13. April 1853 in Wien), Maler.
Johann von Schraudolph
(* 13. Juni 1808 in Oberstdorf im Allgäu; † 31. Mai 1879 in München), Maler.
Claudius Schraudolph
(* 2. Oktober 1813 in Oberstdorf; † 13. November 1891 in Oberstdorf), Maler, Lithograf und Zeichner für Holzschnitte.
Eduard von Steinle
(* 2. Juli 1810 in Wien; † 19. September 1886 in Frankfurt am Main), österreichischer Maler.
Josef Sutter
Philipp Veit
(* 13. Februar 1793 in Berlin, † 18. Dezember 1877 in Mainz), Maler.
Ludwig Vogel
(* 10. Juli 1788 in Zürich; † 20. August 1879 ebenda), Schweizer Maler.
Josef Wintergerst
Carl Christian Vogel von Vogelstein
(* 26. Juni 1788 in Wildenfels, Sachsen; † 4. März 1868 in München), geb. Vogel, deutscher Maler.