um Joseph Anton Koch

Wohnstadt Rom – So wohnten deutsche Künstler in Rom

Die Villa Malta

Die Villa Malta

Ferdinand Gregorovius zählte 1888 in „Die Villa Malta in Rom und ihre deutschen Erinnerungen” jene Straßen auf, in denen sich die deutschen Künstler mit Vorliebe niedergelassen hatten : die Via Felice und Sistina, die Via Gregoriana, S. Isidoro, Purificazione, Capo le Case, und an der Piazza Barberini (1).

Die Wohnungsverhältnisse der Künstler waren mitunter sehr einfach. Aus den erhaltenen Briefen und den später niedergeschriebenen Lebenserinnerungen lässt sich ein Blick in diese Künstlerwohnungen werfen.

Adolf Zimmermann (* 1. September 1799 in Lodenau (Oberlausitz); † 17. Juli 1859 in Breslau) schrieb einmal :

„. . . Der Winter war recht kalt, und ich habe in meinem Logis wieder schändlich gefroren, doch, hoffe ich, soll das der letzte Winter sein, den ich auf so unheimliche Weise verbringe. Ich ziehe bald in ein mit allen Bequemlichkeiten und besonders einem Ofen versehenes Logis unter wenigstens dem Anschein nach annehmbaren Bedingungen“(2).

Ludwig Richter hatte ein Zimmer im Palazzo Guarnieri bezogen, welches von einer alten, freundlichen Witwe, die dort selbst im 3. Stock wohnte, vermietet wurde. In seinen Lebenserinnerungen schrieb er :

„Das Zimmer, welches ich für mich mietete, war geräumig, hell und billig, es kostete monatlich drei Scudi. In einigen Stühlen, einem Tisch, einem großen Bett und der römischen dreiarmigen Messinglampe bestand das ganze Mobiliar. Vorhänge waren nicht gebräuchlich. Der Fußboden von rotbraunen Fliesen war so defekt und locker, wie Tür und Fenster, durch welche die gesunde Luft jederzeit freien Eingang fand. Desto lieblicher war die Aussicht auf ein Gartenplätzchen der Villa Malta mit einer Weinlaube und einigen Orangen- und Limonenbüschen, aus denen die goldenen Früchte leuchteten, und über welche in weiter Ferne der Vatikan mit der mächtigen Peterskuppel sich erhob.“ (3)

Doch diese Einschränkungen waren meist nur von kurzer Dauer. Bald nachdem das erste Quartier bezogen war, suchten die Neuangekommenen Bekannte und Freunde aus der Heimat zu treffen und im Gespräch ergaben sich auch neue und bessere Wohnmöglichkeiten.

Man besuchte sich in der Dämmerung gegenseitig; es wurde gelesen, gesungen oder geschwatzt, danach ging’s zum Nachtessen ins „Lepre“ (4) oder in die höchst ursprüngliche Osteria Chiavica. Richter verglich die Atmosphäre mit dem ersten Pfingstfeste :

„(…) ein Gemisch aller Zungen [war zu hören]; man hörte da die Bayern und Schwaben, Österreicher und Rheinländer, die Norddeutschen, Dänen und Livländer in ihren Sprachen und Dialekten reden, und meine Landsleute, zahlreich vertreten, glänzten in einigen Prachtexemplaren im pikantesten Sächsisch.“(5)

Die von den Deutschen frequentierten Osterien lagen hauptsächlich in der Via Condotti, in der Nähe des Spanischen Platzes. Besonders die Osteria Vinzenz Röslers, die auch eine Herberge enthielt, wurde von ihnen gerne besucht. Sie war von Franz Rösler, einem böhmischen Koch aus Friedland eröffnet und nach seinem Tod von dessen Bruder Vinzenz weiter geführt worden. Bei den Deutschen in Rom blieb sie noch lange die Osteria von Roesler-Franz oder einfach von Franz, während die neu Angekommenen sie nach dem gegenwärtigen Wirt Vinzenz oder Vincenzo benannten. Karl Philipp Moritz, Schriftsteller des Sturm und Drang und der Weimarer Klassik, hielt zu dieser Osteria in seiner „Italienischen Reise“ fest :

„Eine große Anzahl deutscher Künstler, die sich in dem Speisesaal, woran mein Zimmer stößt, versammelt haben, scheinen sich ihrem fröhlichen Humor, der ziemlich laut wird, noch länger überlassen zu wollen, und von der Sehnsucht nach dem Schlafe noch fern zu sein.(6)

Die Osterien bildeten auch beliebte Treffpunkte des einfachen, römischen Volkes; sie waren Ort der Geselligkeit, Treffpunkte von Freunden, es ließen sich dort Verbindungen anknüpfen, Dirnen treffen, und manch eine Handgreiflichkeit endete auch unter dem Messer „(7).

Die Musikalischen unter den Künstlern hatten alsbald einen Gesangsverein gegründet. Carl Waagen (* 1800 in Hamburg; † 26. November 1873 in München) schrieb 1827 an seine Eltern, dass gegen 15 deutsche Künstler einen Singverein gebildet hätten, wo die urältesten Kirchenlieder vierstimmig gesungen würden. Diesem Singverein gehörten u. a. Johann Karl Baehr, Johann Carl Heinrich Koopmann, Carl August Waagen, Carl Wilhelm Friedrich Oesterley, Johann Heinrich Schilbach, Ferdinand Flor, Nikolaus Karl Eduard Schmidt v. d. Launitz, wohl auch August Wilhlem Ahlborn, Adolf Gottlob Zimmermann und Friedrich Maximilian Hessemer an. (8)

Am 28. Oktober 1818 kam Louise Seidler in Begleitung der Frau von Loewenich und des Schweizer Malers Johann Kaspar Schinz in Rom an. Ein Geschenk von 400 Talern des Großherzogs Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach hatte ihr diesen Romaufenthalt ermöglicht, der zu ihrem schönsten Lebensabschnitt werden sollte. In Rom wurde sie bereits von Henriette Herz erwartet, in deren geselligem Kreis Louise bereits am ersten Abend den „originellen“ Tiroler Joseph Anton Koch (siehe “Zeitzeugen, Erinnerungen der Malerin Louise Seidler”)und Jakob Suter aus Wien kennen lernte.

Piazza Quattro Fontane - hier wohnte J. A. Koch

Piazza Quattro Fontane – hier wohnte J. A. Koch

Frau Herz hatte für sie und Frau Loewenich im Palazzo Guarnieri, dicht neben der Porta Pinciana, eine Wohnung angemietet. Ihre Beschreibung ihres „Logis eine Treppe hoch“ lässt sich mit der Zimmermanns und Richters vergleichen : Zwei Zimmer, das größere mit verwitterten Fresken verziert, sollten ihr für die nächsten fünf Jahre als Wohnung dienen, die Zimmer besaßen weder Vorhänge an den Fenstern noch den Luxus eines Schreibtisches; das Wenige an Mobiliar bestand aus einer schmalen, strohgeflochtenen Bank und einer grau und mit bunten Linien gestrichenen Kommode. Beim Anblick des Bettes gedachte sie der Prinzessin auf der Erbse Hans Christian Andersens, die auf dieser Lagerstatt wahrscheinlich in der ersten Viertelstunde den Geist aufgegeben hätte. Auf den vier Brettern, die auf einem eisernen Untergestell ruhten,

„lag ein mit Maisblättern gestopfter Sack, darüber eine dünne, mit Wolle gefüllte Matratze. Ein ebenso gefüllter leinener Sack fungierte als Kopfkissen; vervollständigt wurde dieses primitive Ganze durch eine wollene Decke. Das Leinenzeug war stets ungerollt und so grob wie ein deutsches Soldatenhemd.“(9)

Der Versuch, das größerer Zimmer mittels eines Ofens, den Louise Seidler auf dem Trödelmarkt erstanden hatte, zu beheizen, trug den bezahlten Wert von sechzehn Scudi nicht ein. Wegen widriger Winde und rauchgefülltem Zimmer musste das Heizen oft eingestellt werden. Der Jänner 1820 überraschte Rom mit Schnee. Der Wunsch Adolf Zimmermanns nach einem geheizten Zimmer während der Wintermonate ist daher mehr als verständlich.

Die Zimmer des Palazzo Guarniere oder Guarnieri wurden von der Familie Pulini als Künstlerwohnungen vermietet. So traf Louise Seidler hier auf Julius Schnorr von Carolsfeld, Friedrich Olivier, und auf Johann und Philipp Veit. Die beständigen Neckereien zwischen Philipp Veit und der ältesten Tochter des Hausherrn, Karoline, die für Louise Seidler nicht ohne Folgen bleiben konnten, führten schließlich zur Heirat der beiden im September 1821.

Während ihres Aufenthaltes in Rom von 1817 bis 1819 wohnte Caroline von Humboldt, die Gemahlin Wilhelm von Humboldts, mit ihren Töchtern Gabriele und Karoline in der Villa Buti. Auch dort herrschten einfachste Verhältnisse : defekte Backsteinfußböden, nur mit Kalk getünchte Wände, das Mobiliar bestand aus Strohstühlen und aus mit Ölfarbe gestrichenen Tischen und Kommoden. Frau von Humboldt aß dort mit den anderen Hausgenossen, darunter Thorvaldsen und die Maler Schadow, Wach und Senff, im Wohnzimmer der Familie Buti, das gleichzeitig als Waschküche, Badezimmer und für andere häusliche Zwecke diente. Auch in dieser Künstlerpension fand eine Tochter des Hauses zu einem Künstler, zum Maler Heinrich Lengerich. Caroline von Humboldt hielt keine grossen Empfänge ab, rückte vielmehr mit den Künstlern in Lebenseinstellung und Haushaltung näher und gab sich „wie eine Mutter für alle besseren Künstler“ (10) .

Befanden sich solche, was in Rom keine Seltenheit war, in finanziell drückender Lage, setzte sie sich bei deren Landesherrn und Akademien für den Ankauf ihrer Werke oder der Erneuerung eines Stipendiums ein. Auch für Louise Seidler erwirkte sie die Verlängerung ihres Studienaufenthaltes und die Zusage von weiteren 400 Talern.

Am Beispiel Louise Seidlers ist es Wert, die enge Verknüpfung von Beziehungen aufzuzeigen, die Frau von Humboldt pflegte und für die Unterstützung „ihrer“ Künstler einzusetzen wusste : in einem Brief an Frau von Wolzogen, Schillers Schwägerin, berichtete sie über Louise Seidlers Fortschritte in der Malerei und drückte dabei lebhaft ihr Bedauern darüber aus, dass die Künstlerin nicht länger in Rom verweilen könne. Gleichzeitig bat sie ihre Freundin, diesen Brief doch dem Großherzog Karl August vorzutragen und diesen um eine weitere Unterstützung zu bitten. Außer der Zusage von weiteren 400 Talern fand die Malerin in Frau von Wolzogen eine wohlwollende Gönnerin, die sie nach ihrer Rückkehr nach Weimar dort tatkräftig unterstützte (11).


  1. Gregorovius, Ferdinand. 1888. Geller, Hans. 1947. S. 62.
  2. Richter, Ludwig. 1909. S. 149. Dazu ergänzt Poensgen : Schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts befanden sich die besten Gasthäuser in der Via del Balbuino, an der Piazza di Spagna und in der Via del Groce. In dieser Gegend, die durch die zur Dreifaltigkeitskirche (Trinità dei Monti) auf dem Pincio führende Spanische Treppe besondere Berühmtheit und Anziehungskraft erhielt, spielte sich das Leben der an den Tiber gekommenen Maler und Bildhauer vorwiegend ab. Die Deutschen nahmen ihre Mahlzeiten meist in einer nach dem Bernini-Brunnen auf dem Spanischen Platz benannten Trattoria della Barcaccia ein, die, im Palazzo Lepre der Via Condotti, dem erwähnten Café [Café Greco] gegenüberlag.
  3. Poensgen, Georg. 1957. S. 10.
  4. Richter, Ludwig. 1909. S. 150.
  5. Zapperi, Roberto. 2002. S. 140.
  6. Vgl. dazu auch Poensgen, Georg. 1957. S. 50. und Richter, Ludwig. 1909. S. 115 ff.
  7. Zapperi, Roberto. 2002. S. 106.
  8. Geller, Hans. 1947. S. 22
  9. Uhde, Hermann. 1964. S. 161.
  10. Vgl. Uhde, Hermann. 1964. S. 170.
  11. Vgl. Uhde, Hermann. 1964. S. 171.